Worüber hast du einmal getrauert?

Mein Vater ist recht früh gestorben. Er war sehr unglücklich und depressiv. Da hat er seine Sorgen im Alkohol versucht zu ertränken. Dazu gab es noch stangenweise Zigaretten und ungesundes Essen. Er starb im Alter von 50 Jahren und hat eine große Lücke hinterlassen.

Was kann man gar nicht brauchen wenn man trauert?

Jetzt lach doch mal!“ , „Geh doch mal wieder unter Leute!“, „Das Leben geht weiter!“, „Jetzt ist es doch schon drei Wochen her und du lässt dich immer noch so hängen?!“. Sprüche und Weisheiten wie diese kann man nicht gebrauchen. Eigentlich braucht es keine Gegenworte der klägliche Versuche den seelischen Schmerz und Verlust klein zu reden. Es braucht jemanden der zuhört und einfach da ist. Aber zusammen schweigen ohne dass sich jemand unwohl dabei fühlt, ist rar. Das ist eben das Gegenteil von Oberflächlichkeit.

Was hat dich getröstet?

Lange Spaziergänge unter freien Himmel haben mir Kraft gegeben. Im Wald von großen, hohen Bäumen umgeben zu sein, wo man den Boden riechen kann, einen Berg zu erklimmen und vom Gipfel ins Tal hinunter zu schauen und meinen Blick in die Ferne schweifen zu lassen, hat die Dinge wieder etwas relativiert und mich ein Stückchen aus dem Trauer-Sumpf gezogen.

Wie lange darf man trauern?

Man darf so lange trauern, wie es eben dauert. Die Seele muss mitkommen können. Oft kommen solche Schicksalsschläge ganz plötzlich und man braucht erst mal Zeit um zu realisieren was überhaupt geschehen ist. Die Gefühle kommen meistens erst später, bzw. zeitversetzt hoch aus dem Unterbewusstsein ins Bewusstsein. Da wäre es völlig unangebracht eine Norm-Dauer festzulegen, wie lange es angemessen ist zu trauern.Es tut gut zu weinen und die Trauerarbeit zu leisten. Denn das ist es – Arbeit. Das braucht Zeit und Geduld bis man den Verlust eines geliebten Menschen seelisch „verbuchen“ kann bzw. für sich eingeordnet hat. Quasi wie Gefühls-Buchhaltung – in welchem Ordner hefte ich das jetzt ab dass es sich gut für mich anfühlt und dem Verstorbenen gerecht wird? Eine Ehefrau trauert anders als ein Kind um einen Elternteil, oder ein Elternteil um sein Kind. Alleine deshalb ist es unmöglich zur Trauer-Dauer eine klare Aussage zu treffen.

Was wünscht du dir? Was soll sich in unserer Gesellschaft verändern beim Thema Trauer?

Es sollte viel mehr und offener über Trauer gesprochen werden, statt sie mit dem Stempel „Tabu“ zu versehen.Schließlich gehört der Tot genauso zum Leben wie die Geburt. Das Thema wird aber gerne totgeschwiegen. Meistens versuchen die Hinterbliebenen alleine damit klar zu kommen.Das ist hart und sehr schade. Wäre toll, wenn es normaler werden würde sich darüber auszutauschen und gemeinsam durch so schwere Zeiten zu gehen. Ist aber natürlich auch Typ-Sache. Manche bevorzugen es einfach alleine zu sein wenn sie weinen müssen. Zu denen gehöre ich auch.