Wie fühlt sich Trost an?

Für mich ist Trost ein total wärmespendendes und wärmedurchflutendes Gefühl. Ich für mich merke, dass ich Trost selten alleine herbeirufen kann, sondern mir nur andere Trost schenken können. Trost hängt für mich ganz stark mit Geborgenheit, umhüllt sein und behütet sein zusammen. Trost empfinde ich nämlich dann, wenn eine mir nahestehende Person mich in den Arm nimmt, festhält und einfach da ist. Es braucht keine Worte, allein Nähe genügt und dann durchströmt mich ein Gefühl der Wärme und Energie.

In diesem Moment erlebe ich dann auch, dass sich mein innerer Gemütszustand verändert. Aus einem tiefen Schmerz wird eine heilende Wunde, aus Anspannung wird Entspannung, aus einer aufgewühlten Unruhe entsteht ein Moment des inneren Friedens, dann werde ich ruhig, müde und „kuschelig“.

 

Welche hilfreichen Strategien gibt es um Trauer zu erleichtern?

Die für mich wichtigste Strategie ist im Buch Kohelet grundgelegt: „Alles hat seine Zeit! … eine Zeit zum Heilen, … eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz; … eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen“ (vergleiche Koh 3).

Jeder Mensch trauert anders und braucht Unterschiedliches, was ihm/ihr guttut. Für mich war es nicht hilfreich vorgeschriebene Regeln wie z.B. ein Trauerjahr einzulegen. Weder ist nach einem Jahr die Trauer vorbei noch trauert man ein Jahr am Stück. Ich erinnere mich noch gut dran, wie ich keine 10 Tage nach dem Tod meines Papas mit meinem damaligen Freund zum Tanzabend gegangen bin. In dieser Stunde konnte ich einfach alles vergessen und aus der Trauer und Anspannung auftauchen. Gleichzeitig sitze ich dieses Jahr – 16 Jahre nach seinem Tod – an seinem eigentlich 65. Geburtstag weinend und traurig auf dem Sofa.

Vielmehr ist es für mich hilfreich zuzulassen und mir einzugestehen, dass ich jetzt im Moment traurig bin. Das kann eine Situation sein, die mich an diesen Trauermoment erinnert. Es kann der Weg sein, den ich immer zu meiner letzten Arbeitsstelle gegangen bin oder es kann das Lied im Radio sein, dass ich immer mit dem Verstorbenen gehört habe. Mittlerweile schaffe ich es diesen Moment zuzulassen, ich teile das auch meinem Umfeld mit (wenn sie es nicht selber merken) und tue das, was mir guttut. Ich sag zu einem lieben Menschen „Halt mich fest“ und hole mir eine Umarmung ab oder ich schaffe mir einen Moment, in dem ich Zeit für mich habe, malen kann und in mir Ruhe und Frieden finde.

Was wünschst Du Dir? Was soll sich in unserer Gesellschaft verändern beim Thema Trauern?

Ich wünsche mir, dass Sterben, Tod und Trauer gesellschaftsfähig wird, ist oder bleibt.
Ich spreche in keinster Weise von aktiver Sterbehilfe oder assistiertem Suizid. Mir geht es um das gemeinsame Tragen, Unterstützen, Begleiten und Zusammenstehen von Menschen, die im Prozess des Abschiedsnehmen eines Sterbenden eingebunden sind.

Nach vielen persönlichen Trauerprozessen und Verluste von nahen Angehörigen bin ich seit drei Jahren als Gemeindereferentin im Beerdigungsdienst aktiv und merke, wie gut und wichtig dieser Dienst ist und auch, wie wichtig das gemeinsame Verabschieden und zu Grabe tragen eines Verstorbenen ist. In der Pandemiezeit hat sich nochmal zugespitzt, was sich gesellschaftlich über viele Jahrzehnte entwickelt hatte: Sterben, Tod und Trauer ist noch mehr zur Privatsache geworden. Wenn in Pandemiezeiten manchmal nur maximal 10 Personen an der Beerdigung teilnehmen konnten, dann geht dabei vieles verloren: die mitbetende Gemeinschaft, die die engsten Trauernden trägt, ein ritualisiertes Beleidbekunden und auch die Möglichkeit einem Trauernden zu begegnen. Es ist schlicht und einfach nicht möglich, weil es die Situation nicht gibt. Dann fragen sich Freunde und Bekannte: „wie kann/soll ich ihm/ihr jetzt begegnen“ oder Angehörige stellen fest: „Frau xy hat sich gar nicht gemeldet“.  Leider wird so noch mehr bittere Realität, was manche zuvor schon in der Traueranzeige geschrieben haben „Im engsten Familienkreis haben wir Abschied genommen von …“.

Das tut den engsten Angehörigen nicht gut und auch denen, die eigentlich gerne gekommen wären, auch um sich vom Verstorbenen selbst zu verabschieden. So schwer es auch fällt zu einer Beerdigung zu gehen. Für den persönlichen Trauerprozess ist es unumgänglich und wichtig.